Pilger sind wir Menschen

Pilger sind wir Menschen – Pfingsten im Landhaus 2022

Befragt man Wikipedia - und für einen ersten Eindruck sei das durchaus erlaubt - ist ein Pilgrim jemand, der oder die eine Wallfahrt unternimmt, der oder die in der Fremde ist oder sich in die Fremde begibt.

Drei Jahre haben wir uns nicht getroffen zu Pfingsten als Landhausgruppe, zumindest nicht in dieser großen „Pilgergruppe“, wir hatten uns schmerzlich vermisst. Nun war unser Pfingsttreffen endlich wieder möglich – und auch wenn wir uns lange nicht gesehen haben, sind wir uns nicht fremd geworden, um in diesem Bild zu bleiben. Und das Landhaus selbst ist uns allen ja auch ein vertrauter Ort und keinesfalls fremd – auch nicht nach langer Abwesenheit. Es sollte an diesem Pfingstwochenende darum gehen, Wegerfahrungen zu machen und zu teilen.

Eine solche Wegerfahrung machten einige von uns tatsächlich schon auf dem Hinweg in eindrücklicher Weise: In überfüllten Regionalzügen für 9,- Euro reist es sich eben wie echte Pilgerinnen und Pilger: ohne Komfort, dafür aber mit reichlich Enge und Nähe, die nicht immer gewünscht war – eine echte Erfahrung von Pilgernden der vergangenen Jahrhunderte…

Mittlerweile vier Generationen sind mit dem Landhausverein verbunden und haben hier eine verlässliche religiöse, liturgische, soziale, musikalische und vor allem auch kulinarische Heimat gefunden. Ziemlich verwurzelt in einer sich personell zwar immer wieder verändernden, aber dennoch stabilen und neuen Impulsen gegenüber immer offenen Gemeinschaft. Vielleicht ist das Landhaus für uns tatsächlich so eine Art „Wallfahrtsort“, ein Ort mit „hervorgehobener religiöser Bedeutung“ und dem „besondere Wirkungen zugesprochen“ werden, so die große digitale Enzyklopädie. Diese besonderen Wirkungen kannten und kennen wir, vorangegangene Generationen und heranwachsende werden dies bestätigen können.

In verschiedenen Workshops haben wir uns Wegerfahrungen ermöglicht oder von ihnen erzählt oder sie in Erinnerung gerufen. So entstanden aus einer vom Paderborner Tornado zerstörten Hollywoodschaukel Windspiele, die zunächst den Wind des Heinbergs einfingen, in der Zukunft aber an anderen Orten daran erinnern.

Ein Barfußpfad und ein begehbares Labyrinth entstanden, die uns sehr sinnliche, für manche aber auch schmerzhafte Wege ermöglichten. Wir beschäftigten uns  mit unserer Vorstellung von Maria, der Gottesmutter und fragten nach ihrer Bedeutung für uns. Die „modernen“ 7 Schmerzen Mariens wie Krieg, der Verlust von Heimat, Leben und Identität kamen uns in den Sinn, vor allem im Hinblick auf den Krieg und das Leid der Menschen in der Ukraine.

Und bei der Frage nach der Bedeutung Marias für uns Christen natürlich die Frage nach der Rolle der Frau in der Kirche und dem Heiligen Geist, der anscheinend in dieser Hinsicht eher einem lauen Lüftchen als einem Sturmesbrausen ähnelt.

Als Erinnerung an die Germeter Schwestern und an das Haus Maria haben wir das Marienhäuschen auf dem Heinberg neu gestaltet; eine neu errichtete Bank lädt nun dort zum Verweilen und zum Gedenken ein. Bei den Umbaumaßnahmen an diesem Heiligenhäuschen tauchte in dem Grundstein die Bulle auf, die an den Bau von Haus Maria im Jahr 1962 erinnerte. In der Tageszeitung, die in die Zeitkapsel mitgegeben wurde, stand ein Artikel über das 2. Vatikanische Konzil, das in diesen Tagen der Grundsteinlegung, am 11.10.1962 eröffnet wurde. Sehr denkwürdig!

Die traditionelle Pfingstvesper führte uns an die verschiedenen Orte unseres kreativen Tuns mit Gesang, Gebet und jeder Menge ziemlich spontaner musikalischer Begleitung. Es war ein inniges und lautes Lob Gottes mit leisen Zwischentönen und Bitten um den Heiligen Geist, bei dem sich aber sogar Katzen und kleine Menschen wohlfühlten. Und der Heilige Geist kann nicht genug erfleht werden, um sich aus der Lähmung, der Starrheit und der Resignation zu befreien, die uns im kirchlichen und gemeindlichen Leben im Moment oft umgibt.

So war ein Lieblingslied an diesem Wochenende: Caminando va, Leben lebt vom Aufbruch!

Nach so viel geistiger Auseinandersetzung und körperlicher Arbeit stärkten wir uns mit kulinarischen Köstlichkeiten aus dem Backofen, eine unverzichtbare Erfahrung an einem Pfingstwochenende.

Und was wäre ein Pfingsttreffen im Landhaus ohne einen feierlichen Gottesdienst am Sonntag, einen Stationsgottesdienst, in dem wir unsere Wege vom Wochenende noch einmal gegangen sind, unsere Wegerfahrungen noch einmal in unser Gedächtnis gerufen haben. Eine geistige Stärkung der besonderen Art, von der eben auch wallfahrende Pilger berichten.

Das Landhaus ist für uns so ein besonderer Ort, an dem wir gegenseitige Stärkung erfahren, also das, was wohl jeder Mensch von einem Aufbruch, von einer Unterbrechung des Alltags erhofft.